Mit grosser Sorge betrachten wir die Entwicklung zur Ligareform und die Kastrierung des Sports. Ein offener Brief aus der Fanszene des SCL an den Verwaltungsrat als Versuch, den verantwortlichen die Augen zu öffnen.
Wie kann jemand, der mit den SCL Tigers zu tun hat, für eine Liga ohne Abstieg, eingekauften Klubs, zehn Ausländern pro Team und ohne geregelte Beziehungen zum Verband sein? Wir Fans sind strikte dagegen! Der Versuch einer Erklärung im offenen Brief aller Fanclubs an den Verwaltungsrat und die Geschäftsführung der SCL Tigers AG.
Aufruf an die Verantwortlichen der SCL Tigers
Liebe Verwaltungsräte und Geschäftsführer der Schlittschuh-Club Langnau Tigers AG
Nach einem bewegten Jahr 2020 feiert der Schlittschuh-Club Langnau im Januar 2021 sein 75jähriges Jubiläum. Während einem Dreivierteljahrhundert bewegte der SCL tausende von Menschen. Für viele von ihnen ist dieser Verein mehr als ein blosser Eishockeyverein. Über Jahre hinweg begleiteten die Menschen ihren Verein während allen Höhen und Tiefen. Es wurden gemeinsame Erfolge gefeiert. So zum Beispiel 1961 der erstmalige Aufstieg und die NLA oder 1976 der grösste Erfolg in der Vereinsgeschichte, der Gewinn des Titels in der höchsten Spielklasse. Da unser Klub derzeit und wohl auch in näherer Zukunft nicht auf derartige Erfolge konditioniert ist, und solche Erfolge ja auch bereits etwas länger zurück liegen, erinnern wir uns eher an die erstmaligen Playoff Qualifikationen in der Nationalliga A oder die zahlreichen Ligaerhalte in den 00er-Jahren.
All diese Erfolge stellten unvergessliche Momente für uns alle dar. Doch das Leben besteht nicht nur aus Sonnenschein und Regenbogen. Viel zu oft mussten wir auch Misserfolge hinnehmen. Abstiege bis in die 1. Liga erlebten und überstanden wir als Gemeinschaft. Der letzte Abstieg im Jahre 2013 dürfte wohl allen in Erinnerung sein. Unser geliebter SCL stand vor den wohl schwierigsten Jahren in seiner jüngsten Geschichte. Doch was passierte mit uns Fans –Träger dieses Sports und Vereins gleichermassen? Während dieser Zeit standen wir zusammen. Wir pushten unseren Verein nach vorne als wäre es unsere heilige Pflicht, den Tiger auf der Brust durch das ganze Land zu tragen und der Schweiz und unserer Region zu zeigen, dass alle hinter diesem Verein stehen. Im Ilfisstadion spürte man förmlich, dass alle am gleichen Strang ziehen. Und so kam es nicht von Ungefähr, dass wir knapp zwei Jahre nach dem Abstieg vor dem grössten Erfolg der jüngeren Klubgeschichte standen:
Dem Meistertitel in der Nationalliga B. Dass es im siebten Playoffspiel gegen den EHC Olten zu einem deutlichen Sieg reichte, war dem unbändigen Willen zum Meistertitel und zum Aufstieg des ganzen Teams, des Staffs, der Fans, ja dem ganzen Verein zu verdanken. Nie werden wir vergessen, wie unsere rot gelben Jungs in dieser Nacht den Pokal in die Höhe streckten und den Meistertitel zelebrierten. Doch das wichtigste stand erst noch bevor: Die Ligaqualifikation gegen Rapperswil. Wohl die meisten Fans kriegen heute noch Gänsehaut, wenn sie an die Spiele in der Ligaqualifikation denken. Eine ausverkaufte Ilfishalle peitschte unsere Jungs über das gefrorene Nass. 6’500 Fans – und wohl ein x-faches um unsere Ilfis und zuhause vor dem Fernseher oder vorm Radio – fieberten im finalen Spiel dem Ziel entgegen. Und so vergessen sie wohl nie mehr, wie rund sechs Minuten vor Ende unsere Jungs zum vorentscheidenden 3:1 gegen Rapperswil treffen. Was daraufhin folgte, war pure Gänsehaut. Kollektive Euphorie. Der Fremde neben dir wird zu deinem besten Freund. Er weint und liegt dir in deinen Armen. Keine Worte können beschreiben, was 6’500 Personen damals in unserer Ilfishalle für Gefühle erlebten.
Für genau diese Momente waren wir nach dem Abstieg 2013 zusammengestanden. Um mit Stolz diesen Weg gemeinsam zu beschreiten – stets mit dem Ziel vor Augen – diese unbeschreibliche Ekstase miterleben zu dürfen. Es sind diese Momente, die diesen Sport ausmachen. Und wie wir alle wissen: Nirgends sind Freuden und Leid so nahe beieinander wie im Sport. Aber genau diese Dramatik zeichnet diesen eben erst so richtig aus.
Dies wisst ihr, liebe Verwaltungsräte und Geschäftsführer des SCL’s, genauso wie wir. Warum denn sonst hättet ihr in eurer Social-Media-Jubiläumskampagne uns mit auf eine Zeitreise genommen und uns zu den Erfolgen- und Misserfolgen unseres Vereins geführt? Es zeigt, dass euch bewusst ist, wie wichtig diese Ereignisse waren. Dass sie uns zu dem machten, was wir heute sind. Zu Menschen, die mit grösstem Respekt und grösster Loyalität den SCL verkörpern. Die auch bei Misserfolgen nicht aufgeben und bedingungslos hinter ihrem Verein stehen. Aber nur weil wir wissen, dass wir alles geben. Dass wir aufstehen, wenn wir am Boden liegen. Weil wir wissen, dass wir aufsteigen, wenn wir abgestiegen sind.
So schön und treffend diese Zeitreise war, so unerklärlich ist es für uns, dass ihr, liebe Verwaltungsräte und Geschäftsführer unseres Vereins, dem Konstrukt National League beigetreten seid und mit keiner Mine die Absichten wie die Schliessung der Liga oder die Aufstockung des Ausländerkontingentes kritisiert habt. Oder dies zumindest nicht öffentlich getan habt. Es befremdet uns, wenn wir daran denken, dass man sich die Zugehörigkeit in einer Liga erkaufen kann. Es nimmt uns unsere Bindung zu diesem Sport, wenn wir wissen, dass man nach einem Misserfolg einfach so ein paar Franken auf den Tisch legen kann, um die Liga dann doch zu sichern. Es ist nicht vorstellbar, wie ein so toller und emotionsgeladener Sport zu etwas so Berechenbarem verkommen soll. Es raubt uns den Glauben an den Sportsgeist, wenn nicht mehr die sportliche Leistung ausschlaggebend für die Zugehörigkeit der Liga sein soll, sondern bloss noch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Und es raubt uns die Motivation, wenn wir wissen, eine solche Euphorie, eine solche Ekstase wie beim Aufstieg oder bei den unzähligen Feierlichkeiten zum Ligaerhalt nie mehr wieder erleben zu dürfen.
Für uns, liebe Verwaltungsräte und Geschäftsführer unseres Vereins, ist es absolut unverständlich, wie ihr die Erhöhung der Ausländerkontingente befürworten könnt, wenn ihr doch gleichzeitig betont, wie unser Verein doch so großartige Werte wie die Bodenständigkeit, den unersättlichen Kampfgeist, die grenzenlose Loyalität und die Verbundenheit zur Region verkörpern soll. Wie sollen wir denn noch glaubhaft diese Werte ins ganze Land tragen, wenn wir doch ganz genau wissen, dass in Zukunft wohl viel weniger eigene Spieler das Trikot unseres Vereines tragen und es keine Rolle mehr spielt, auf welchem Rang man am Ende der Saison nun klassiert ist?
Gerne erinnern wir uns an die miterlebten Schlachten auf dem Eis in den 00er-Jahren. Spiele in den Playouts waren zwar keine hochstehenden Partien. Dennoch boten sie so viel Leidenschaft, Emotionen und Dramatik wie sie in der Meisterschaft kaum auszumachen waren. Noch bleiben uns die unzähligen Pässe von Todd Elik in der entscheidenden Phase der Saison in Erinnerung. Wie er den Tiger vor dem Abstieg bewahrte. Oder wie wir so oft in den Playouts den Ligaerhalt sicherten. Für uns war das Erreichen dieses Ziels – auf sportlichem Wege notabene (!) – so etwas wie eine kleine Meisterfeier. Dies brachte uns während dieser Zeit auch den Ruf der Unabsteigbaren ein. Im ganzen Land schaute man auf das «kleine Langnau», wie wir uns entgegen wirtschaftlicher Übermacht der Konkurrenz Jahr für Jahr in der Nationalliga A gehalten haben. Nicht zuletzt auch deshalb wurde der SC Langnau zu demjenigen Verein, mit dem sympathischsten Ruf im ganzen Land. Wir fragen euch, liebe Verwaltungsräte und Geschäftsführer unseres Vereins, wie stellt ihr euch dies in der zukünftigen National League vor? Ohne Absteiger? Ohne Erreichen eines Minimal-Ziels? Ohne Dramatik? Ohne Emotionen? Ohne dass «wir gegen die da oben»? Ohne Verbundenheit zur Region?
Eine überwältigende Mehrheit der Eishockeyfans lehnt die Reformen im Schweizer Eishockey ab. Viele überlegen sich, ob sie selbst noch Teil dieses Konstruktes sein wollen. Nachdem sie massgeblich dazu beigetragen haben, dass dieser Sport über so viele Jahre so spannend, so vollgeladen mit Emotionen, so dramatisch und so leidenschaftlich verfolgt und gelebt wurde. Wir fragen euch, liebe Verwaltungsräte und Geschäftsführer unseres Vereins, seid ihr euch dessen bewusst?
Wir fordern euch auf, liebe Verwaltungsräte und Geschäftsführer unseres Vereins, innerhalb der neugegründeten National League AG und öffentlich für die folgenden Positionen einzustehen:
- Keine Abschaffung des Auf- und Abstiegs. Eine Durchlässigkeit von der National League, Swiss League und Mysports League muss immer gewährleistet sein.
- Kein Einkauf in eine der obengenannten Ligen. Alle Aufstiege haben durch sportliche Qualifikation zu erfolgen.
- Keine Erhöhung des Ausländerkontingentes.
- Geregelte Beziehungen mit den Teams der Swiss League und Mysports League, insbesondere was die Regelungen bei Auf- und Abstieg betreffen.
- Geregelte Beziehungen mit dem Eishockeyverband.
- Sollte sich abzeichnen, dass eine oder mehrere Punkte innerhalb der neugegründeten National League AG nicht durchsetzbar sind so muss geprüft werden, ob und wie die Schlittschuh-Club Langnau Tigers AG sich aus der National League AG zurückziehen soll und kann.
Ende Jahr 2020 habt ihr allen Besitzerinnen und Besitzer von Saisonabonnementen gedankt für die Solidarität zu ihrem Verein. Dass sich bereits so viele Kunden (das sind alles Fans !!!) dahingehend geäussert hatten, auf Rückerstattungen ihres Saison-Abonnements zu verzichten, ist doch ein starkes Zeichen und zeigt, wie sehr wir alle hinter unserem Verein stehen. Nicht zu vergessen ist auch, dass wir Fans mit der Aktion «Solitickets» einen Betrag von sage und schreibe CHF 150’000 Franken für die SCL Tigers eingeholt haben. Viele Fans fühlen sich durch die Reformen von der National League befremdet. Ein Grossteil dieser Fans dürfte es sich künftig zweimal überlegen, so viel Herzblut zu investieren. Und, liebe Verwaltungsräte und Geschäftsführer unseres Vereins, das Bekenntnis auf den Verzicht der Rückerstattung von Saisonabonnementen ist rechtlich nicht bindend. Hoffen wir also, dass es sich nicht viele doch noch anders überlegen.
Für die Fanszene Langnau und folgende Fanclubs und Gruppierungen:
Banda Amarillo-Rojo
Dark Tigers 06
Fanclub Freunde der SCL Tigers Wolhusen
Fanclub SCL Tigers
Horda Jovenes Langnau
Ostschweiz Tigers 04
SCL Tigers Fanclub Amt Entlebuch
Sektion Schlachthauskurve 09
Sektor46 Langnau
Yellow-Devils 17